Dem Leben Tiefe geben

Im Zentrum der Meditation des offenen Gewahrseins steht das innere Lauschen auf das nackte SEIN. Wir tauchen tiefer und tiefer ein in eine Stille jenseits aller Beschreibbarkeit. Doch wir sind nicht nur nacktes SEIN als Mensch. Wir haben auch eine vielschichtige Seele.

Was ist die Seele? Wie stehen Seele und SEIN in Beziehung? Und welche Rückschlüsse ergeben sich dabei für unsere Praxis?

Was uns erfüllt

Der Begriff „Seele“ umschreibt einen subjektiven Erfahrungsraum, der keine objektive Messbarkeit hat. Materielle Dinge können wir messen, aber seelische Tiefe nicht. Wir können die Produktivität einer Arbeitswoche messen, aber nicht die Erfülltheit in dieser Zeit. Wir können die Anzahl der Wörter einer Rede messen, aber nicht den Gehalt und die Tiefe der Worte. Wir können den Verkaufswert eines Gemäldes festlegen, aber nicht dessen Schönheit. Wir können errechnen, wie viele Tage wir schon gelebt haben, aber wir können nicht ermessen, wie viele Tage wir davon wirklich lebendig waren.

Bei dieser Aufzählung wird deutlich, dass die Seele ein eigener subjektiver Erfahrungsraum ist, der nichts oder nur wenig mit der beschreibbaren Oberfläche unseres Alltags zu tun hat. Wir können auf der äußeren Ebene unseres Lebens Tätigkeiten nachgehen und gleichzeitig innerlich erfüllt oder unerfüllt sein. Selbst in der Kontemplation können wir uns uninspiriert und flach oder auch erfüllt und voller Frieden erfahren. Das äußere Geschehen der Kontemplation ist in beiden Fällen gleich.

Ob wir also einen tieferen Sinn und innere Erfüllung in unserem Leben finden oder nicht, ob wir die Tiefendimension des Lebens berühren oder nicht, hängt nicht in erster Linie von der äußeren Tätigkeit und den Umständen ab, sondern entscheidet sich in unserer Seelenrealität.

Haben wir zu unserer Seele Kontakt? Können wir in die Tiefen unserer Seele eintauchen? Haben wir Zugang zu der Lebendigkeit und der schöpferischen Kreativität, die hier schlummern? Empfinden wir die Berührbarkeit, die Schönheit des Lebens und leben wir aus der Liebe? Können wir so tief in unsere Seele eintauchen, bis wir den Seelengrund der Stille entdecken?

Die natürlichen Eigenschaften der Seele

Die Seele ist die innere Realität unseres Lebens als Mensch. Sie ist der subjektive Erfahrungsraum, eine vielschichtige, lebendige innere Welt mit eigenen Gesetzen, die unserem Leben eine Tiefendimension gibt.

Solange wir nur mit der Oberfläche des Lebens, mit Vernunft und Funktionalität beschäftigt sind, können wir nur ahnen, zu welcher Tiefe wir als Mensch fähig sind. Wie ein Segelboot, das auf der Oberfläche des Meeres schwimmt und die Tiefe und Vielfalt des Meeres nicht auszuloten vermag, können auch wir eindimensional auf der Oberfläche unseres Verstandes und unseres Handelns dahin treiben. Vielleicht führen wir dabei sogar ein „gutes“ Leben und haben äußeren Erfolg, trotzdem werden wir uns über kurz oder lang innerlich leer fühlen und an einem Mangel an Tiefe und Sinn leiden.

Wenn der Tod kommt und mir zuflüstert: „Deine Zeit ist zu Ende“, dann will ich zu ihm sagen können: „Ich habe in der Liebe gelebt, und nicht nur in der Zeit.“ Wenn er fragt: „Werden deine Lieder Bestand haben?“, werde ich antworten: „Das vermag ich nicht zu sagen, aber ich weiß, dass ich oft meine Ewigkeit fand, wenn ich gesungen habe.“Rabindranath Tagore

Was sind die grundlegenden Eigenschaften der Seelenrealität? Welche Gesetzmäßigkeiten wirken hier? Und wie unterscheidet sie sich von unserer Alltagsrealität, von der Oberfläche des Lebens?

Im Folgenden werde ich die natürlichen Eigenschaften der Seelenrealität jenseits der Verzerrungen durch das Ego darstellen:

Innere Wirklichkeit

Zunächst einmal dreht es sich bei der Seele um einen Erfahrungsraum. Und dieser ist subjektiv. Er kann daher nicht verifiziert und verallgemeinert werden. Unsere Vernunft und unsere Erklärungen werden diesem inneren Erfahrungsraum nicht gerecht. Oft steht unsere Vernunft sogar im Widerspruch zu unserer Seele. Oder was ist vernünftig daran, einen anderen Menschen zu lieben? Wie soll man erklären, warum man etwas schön findet? Keine Erklärung kann der Tiefe eines Gefühls gerecht werden.

Wenn wir anerkennen, dass die Seele durch Verstand und Vernunft nicht erfasst werden kann, dann brauchen wir unsere Erfahrungen auch nicht mehr zu rechtfertigen oder zu objektivieren. Es gibt uns die Freiheit, unsere Erfahrungen als das zuzulassen, was sie sind: individuelles Erleben, das aus der Tiefe unserer Seele ins Bewusstsein aufsteigt und in jedem Fall eine Berechtigung hat, auch wenn wir oder andere dieses Erleben nicht verstehen oder erklären können.

Um der Erfahrung einer anderen Person gerecht zu werden, genügt es daher auch nicht, ihr nur mit Vernunft zu begegnen oder ihre Erfahrung mit unserer zu vergleichen, vielmehr braucht die Begegnung Empathie, damit wir sozusagen von Seele zu Seele miteinander in Kontakt treten. Allein die Empfänglichkeit unserer Seele kann die Bedeutung einer Erfahrung für eine andere Person erahnen und darauf adäquat antworten.

Innere Wahrheit

Ein weiterer grundlegender Aspekt unserer Seelenrealität ist das innere Empfinden von Wahrheit. In unserer Seele gibt es einen feinen Seismograph, der uns sofort anzeigt, ob etwas für uns eine tiefere Wahrheit hat oder nicht. Dieses feine Empfinden für innere Wahrheit hat nichts mit oberflächlichen Tatsachen des Lebens zu tun und auch nicht damit, ob wir es mit unserem Verstand erfassen können.

Wir fühlen, dass selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind.Wittgenstein

Es gibt Momente im Leben, da ergreift uns eine Vision oder eine Erkenntnis und wir spüren zuinnerst, dass diese für unser Leben eine tiefe Bedeutung hat. In so einem Augenblick resoniert unsere innere Wahrheit und wir spüren in aller Klarheit, was für unser Leben jenseits aller Vernunft und allen Wissens wesentlich und wahr ist. Wenn wir es wagen, dem Wesentlichen in uns jenseits aller Angst und aller Vernunft zu folgen, dann wird die Seele zur inneren Führerin, die uns langsam aber stetig in ein Leben führt, das unabhängig davon, wie erfolgreich es nach außen erscheint, eine tiefe innere Klarheit und Sinnhaftigkeit mit sich bringt.

In den unscheinbarsten Momenten unseres Lebens können wir jederzeit den Kontakt mit unserer inneren Wahrheit pflegen, indem wir uns fragen: Bin ich gerade wirklich mit mir selbst in Kontakt? Lebe ich gerade das Tempo, das mir entspricht? Wenn wir uns diese Fragen aufrichtig stellen, werden wir in der Regel sofort eine Antwort erhalten.

Jedoch sollten wir eines niemals vergessen: Die innere Wahrheit hat, wie jede andere Erfahrung auch, eine subjektive, individuelle Bedeutung und darf nicht auf andere übertragen oder verallgemeinert werden. Der Weg, der für unsere Seele stimmig ist, ist es nicht automatisch für andere. Sobald wir das vergessen, sind wir in Gefahr, andere Menschen und andere Wege zu verurteilen oder sogar zu bekämpfen. Das wäre ein schwerer Missbrauch der inneren Wahrheit, der zu Fundamentalismus und Gewalt führt und die Gesetze der Seele außer Acht lässt. Erst im Anerkennen der Subjektivität und Vielschichtigkeit einer Seelenwahrheit können wir zu einer Gesellschaft heranwachsen, in der sich die menschliche Bestimmung in der Vielfalt einer Gemeinschaft friedlich entfalten kann.

Tiefe und Erfüllung

So wie die Wahrheit uns mit dem Wesentlichen in Berührung bringen kann und wir dann aus unserer Tiefe heraus leben können, hat jede seelische Erfahrung das Potenzial zu Tiefe. Die Seele birgt die Tiefendimension unseres Lebens und ohne den Zugang zu dieser Tiefe wird das Leben als flach und oberflächlich empfunden.

An was erinnern wir uns, wenn wir zum Beispiel bei einer schweren Krankheit auf unser Leben zurückschauen? Welche Momente unseres Lebens geben uns das Gefühl, wirklich gelebt zu haben? Wenn wir uns nach dem Sinn unseres Lebens fragen, schauen wir nicht darauf, ob wir gut funktioniert haben, sondern wir schauen auf die Momente, in denen unser Leben Tiefe hatte.

Das Empfinden von Tiefe hat damit zu tun, ob wir in einer Lebenssituation vollständig seelisch anwesend sind und die Fähigkeit haben, das aktuelle seelische Erleben zuzulassen und darin einzutauchen. Vielleicht sind wir von der Schönheit eines Sonnenuntergangs berührt und der Moment bekommt Tiefe. Vielleicht werden wir durch einen Verlust aus dem Gewohnten herausgerissen und plötzlich empfinden wir unser Leben als eine große Kostbarkeit.

Die Tiefe eines Moments zu berühren ist immer eine sehr intime Erfahrung, die uns zuinnerst angeht. Jeder Augenblick unseres Lebens trägt als Potenzial diese Tiefendimension in sich. Doch nur wenn wir den Herrschaftsbereich des Verstandes verlassen und unsere gewohnten geistigen Filter ausschalten, dann können wir bewusst oder auch zufällig in die aktuelle Erfahrung eintauchen und die Tiefendimension kann zur Geltung kommen. Erst dann entfaltet sich das innere Empfinden von Sinnhaftigkeit und Erfüllung.

Schöpfungskraft und Lebendigkeit

Wenn wir tiefer in den Seelenraum eintauchen und uns im wahrsten Sinne des Wortes „beseelt“ fühlen, werden wir auch die schöpferische Kreativität spüren, die von dort aufsteigt. Wir sind inspiriert und diese Inspiration sucht ihren Ausdruck. Nicht selten entstehen hier Visionen, schöpferische Gedanken und kreatives Handeln. Kunst ist der natürliche Gestaltungsausdruck von tiefer seelischer Inspiration.

Doch es geht der Seele nicht um das fertige Werk. Es geht ihr um den schöpferischen Prozess der Gestaltwerdung. Wir alle kennen den Unterschied, ob wir etwas mechanisch tun oder ob wir aus einer Inspiration heraus, also beseelt, handeln. Wenn wir zum Beispiel ein Instrument spielen, macht es einen großen Unterschied, ob wir etwas technisch üben oder ob wir das Musikstück aus der Tiefe unserer Seele erklingen lassen. Erst hier offenbart sich die Musik als ein lebendiger, schöpferischer Seelenausdruck, der uns selbst und andere berühren kann.

Und in Momenten der Inspiration erfahren wir noch etwas anderes: unser Lebendigsein. Oft sehnen wir uns nach Intensität und Lebendigkeit und suchen sie in äußerer Bewegung oder durch Events. Doch erst, wenn wir wirklich von innen her „beseelt“ sind, spüren wir, dass Intensität und Lebendigsein aus der Tiefe unserer Seele in Momenten der Inspiration aufsteigen.

Ewiges Fließen

Diese Fähigkeit der Seele, uns mit dem Lebendigsein in Kontakt zu bringen, hat damit zu tun, dass die Seele selbst pure Lebendigkeit ist. Die Seele ist nichts Feststehendes, kein Ding, sondern ewiges, schöpferisches Fließen. Daher kann sie am ehesten mit einem Fluss verglichen werden. Ein Fluss ist immer in Bewegung, ewiges Fließen, ewige Veränderung.

Die Grundsubstanz der Seele ist formlos, wie Wasser. Wasser kann jede Form annehmen: Es kann als Eis hart und fest werden, aber als Fluss oder Welle auch weich, fließend und flexibel, und es kann als Wasserdampf und Nebel sogar feinstofflich werden. Auch unser Erleben kann sich grobstofflich manifestieren, wie das Gefühl eines festen Körpers, es kann fließend werden, wie Empfindungen und Gefühle, die kommen und gehen. Schließlich kann es in Momenten, in denen wir in den transpersonalen Raum eintauchen, so feinstofflich werden, dass es kaum noch erfassbar und beschreibbar ist.

Je bewusster uns die Seelenrealität in ihrer schöpferischen Lebendigkeit wird und je mehr wir aus diesem inneren Fließen heraus leben, desto weniger werden wir eine eindeutige, feststehende Identität für uns in Anspruch nehmen können. Unsere gewohnte äußere Identität als Mensch scheint festzustehen und verlässlich zu sein. Unsere seelische Realität kümmert sich aber nicht um diese Selbstbilder und Selbstkonzepte. Hier gibt es nur ein Gesetz: ewiger Wandel. Wenn wir dieser inneren Realität gerecht werden wollen, tun wir gut daran, nicht so genau zu wissen, wer wir sind und zu wagen, immer wieder das Abenteuer einzugehen, neue und lebendige Facetten des Menschseins kennenzulernen.

Zeitlosigkeit


Doch die Grundsubstanz der Seele ist nicht nur formlos, sondern auch zeitlos. Unser übliches Zeiverständnis löst sich dort auf und wir betreten einen Raum jenseits der Messbarkeit von Zeit.

Wenn wir in der Natur sind und uns berühren lassen vom Ziehen der Wolken und der Weite des Himmels, wird ein Augenblick zur Ewigkeit. Wenn wir einem Menschen liebend in die Augen schauen, vergessen wir alles Vorher und Nachher. Wir treten aus der Zeit heraus und der Augenblick verdichtet sich. So werden manchmal kurze Augenblicke der tiefen Begegnung zu zeitlosen Erlebnissen, die uns lange begleiten.

Die Innenseite des Augenblicks ist die Ewigkeit.Plato

Es wundert nicht, dass Werke, die aus dieser Zeitlosigkeit heraus erschaffen werden, selbst die Kraft haben, andere wiederum in diesen Raum jenseits der Zeit zu führen. Im allgemeinen Sprachgebrauch nennen wir sie „zeitlose Werke“.

Innere Schönheit und Verbundenheit

Wenn wir tief in den Seelenraum eintauchen, öffnet sich auch noch eine andere Dimension: unser Herz. In einem beseelten Moment schauen wir nicht mehr funktional auf die Dinge, sondern mit Liebe und sind berührt von ihrer Schönheit.

Was ist Schönheit? In welchen Momenten eröffnen sich für uns die Schönheit der Dinge und des Lebens? Es geschieht immer dann, wenn wir uns berühren lassen und sich unser Herz öffnet. Schönheit ist keine äußere Kategorie, sondern ein innerer Ausdruck unserer Liebe und Verbundenheit.

Auf der Oberfläche unseres Lebens, in der normalen Alltagsrealität, herrscht das Erleben von Getrenntheit vor. Hier erscheinen uns die Dinge als voneinander unabhängig existierend und wir verhalten uns entsprechend: wir benutzen die Dinge, verhalten uns oft gleichgültig und fühlen uns nicht selten innerlich getrennt und einsam. Beim tiefen Eintauchen in den gegenwärtigen Moment verlassen wir die äußere Welt der Getrenntheit und gelangen in einen Raum, wo alles zutiefst verbunden ist. Hier lösen sich die normalen Selbstgrenzen auf und wir sind mit dem Leben in seiner Ganzheit in Berührung. Hier gibt es auch keine toten Gegenstände, sondern alles erscheint uns lebendig und beseelt.

Je vertrauter uns der Raum der Seele und die Erfahrung von Verbundenheit darin werden, desto schwächer wird die Vorstellung einer individuellen Seele und unser individuelles Erleben wird Teil eines großen Ganzen: die Allseele.

Vom Einzelnen zur Gemeinschaft, von der Gemeinschaft zum Universum und vom Universum zur Unendlichkeit – das ist der Weg der Seele.Rabindranath Tagore

Der Seelengrund

Doch wie lebendig, wie schöpferisch und farbig die Seele auch immer in Erscheinung tritt, sie wurzelt in der unberührten, zeitlosen Stille des absoluten Bewusstseins - einer Dimension jenseits aller Erfahrung, die gleichzeitig zuinnerst in jeder Erfahrung enthalten ist. Dieses unberührte Feld von SEIN ist der Seelengrund, den wir nur erfahren können, wenn wir tief ins Gewahrsein eintauchen.

Wie bei einem See, dessen Grund wir nur sehen können, wenn die Oberfläche vollkommen still und das Wasser vollkommen klar ist, von allen Trübungen frei, können wir auch den Seelengrund des absoluten SEINS nur erkennen, wenn die Filter in unserem Geist ausgeschaltet sind und keinerlei Bewegung von Wollen oder Nicht-Wollen unser Gewahrsein trübt. Das offene, ungerichtete und natürliche Gewahrsein, frei von irgendeiner Absicht oder Wollen, ist daher der Zugang zum Seelengrund der Stille. Wir lauschen dem nackten SEIN und erfahren uns selbst als unberührte, zeitlose Stille jenseits aller Erfahrung.

Doch auch wenn die Seele in dieser unbedingten Stille wurzelt, ist sie selbst die schöpferische Manifestation des absoluten Seins. Sie ist das Lebendige, der göttliche Funke, der in allem Leben wirkt. Was macht uns Menschen zum Menschen? Unser Körper? Unsere Form? Nur das Lebendige in uns. Ohne das Lebendige zerfällt unser Körper und wir verlieren sofort das, was uns ausmacht. Letztlich offenbaren sich in unserer Seele das Geschenk und die schöpferische Lebendigkeit des Lebens, die sich durch uns, unser Leben und unseren Körper ausdrücken.

Sein und Werden

Wenn wir den Zusammenhang zwischen unberührter Stille und schöpferischer Lebendigkeit der Seele - zwischen SEIN und Werden - erfassen, dann ergibt sich daraus nicht nur die Notwendigkeit, einer Praxis wie der Meditation des offenen Gewahrseins zu folgen, die uns den Zugang zur zeitlosen Stille ermöglicht, sondern wir brauchen auch eine Praxis, die uns einen Zugang zur schöpferischen Dimension der Seele verschafft. Nur dann werden wir den beiden Aspekten der Tiefendimension unseres Lebens gerecht: SEIN und Werden. Nur dann verwirklichen wir die Bibelworte: „Wahrer Gott und wahrer Mensch“.

Es gibt viele Möglichkeiten, die klassische Meditation mit einer Seelenpraxis zu verbinden. Gerade der kreative Selbstausdruck in der Malerei, im Schreiben, im Tanz und in der Musik bietet wunderbare Möglichkeiten für eine echte Praxis der Seelenimprovisation. Es gibt jedoch auch Formen der inneren Achtsamkeit, die uns ermöglichen, tief in die Seelenrealität einzutauchen und diese schöpferische Lebendigkeit sehr unmittelbar zu empfinden. In der Transpersonalen Prozessarbeit pflegen wir daher die „Praxis des Inneren Erforschens“. Diese Praxisform eignet sich besonders gut, in Schweigekursen das „Lauschen auf die Stille“ mit einer echten „Seelenpraxis“ zu ergänzen.

Vielleicht werden wir dann einmal wie Alvaro de Campos sagen können:

Ich bin nichts.
Ich werde nie etwas sein.
Ich kann nicht einmal etwas sein wollen.
Abgesehen davon trage ich in mir alle Träume der Welt.

Richard Stiegler

Heilpraktiker, Psychotherapie. Seit 1988 als Psychotherapeut, Kursleiter für Transpersonale Prozessarbeit und Meditationslehrer tätig. Seit 2001 Gründung einer eigenen Schule der transpersonalen Psychologie (SEELEundSEIN) und Leitung von Ausbildungskursen. Buchautor.